Warum überhaupt eine Strategie?
Viele Menschen beginnen mit dem Investieren aus einem Impuls heraus. Du sprichst mit Freunden über’s investieren, ließt ein Artikel über ETFs, ein viraler Clip auf Instagram. Schnell ist ein Depot eröffnet, und noch schneller wird gekauft. Doch ganz oft ohne konkretes Ziel, ohne System, ohne eine Strategie. Aber eine Anlagestrategie entwickeln? Dazu findet man erstaunlich wenig, gerade bei doch eher oberflächlicher Suche zu Beginn. Und auch online wird das, meiner Ansicht nach, viel zu stiefmütterlich angegangen. Du solltest immer das Steuer in der Hand haben!
Eine Anlagestrategie zu entwickeln ist nichts Abgehobenes oder etwas komplexes was nur Hedgefonds oder irgendwelche Fondsmanager entwickeln. Sie ist, ganz simpel, der Rahmen, der dir Halt gibt, wenn die Märkte schwanken und die Straße auf der Du dich auf das Ziel bewegst. Der Maßstab, an dem du dich orientieren kannst. Und, eigentlich am wichtigsten, sie hilft dir dabei, dein Verhalten zu kontrollieren. Denn häufig ist nicht der Markt das Problem, sondern unsere Reaktion darauf.
In der neuen Serie „Was bedeutet das eigentlich?“ werde ich versuchen verschiedene Zusammenhänge, Erkenntnisse und auch Basics so zusammenzufassen und zu erklären, dass hoffentlich jeder die Quintessenz versteht und auch selbst weiter vertiefen kann. Heute erwartet dich das absolute Fundament deiner Geldanlage. Hol dir am besten vorher eine große Tasse Kaffee oder Tee. Das muss ausführlich sein.
- Warum überhaupt eine Strategie?
- Kapitel 1: Bevor du investierst: Notgroschen zuerst
- Kapitel 2: Wer bist du als Anlegerin oder Anleger?
- Kapitel 3: Anlageklassen verstehen – und sinnvoll nutzen
- Kapitel 4: ETFs – Dein Kompass im Anlagedschungel
- Kapitel 5: Schritt für Schritt zu deiner persönlichen Anlagestrategie
- Fazit: Deine Strategie ist dein sicherer Hafen – nicht dein Antrieb
Kapitel 1: Bevor du investierst: Notgroschen zuerst
Bevor auch nur ein Euro investiert wird, sollte eines geklärt sein: Deine finanzielle Absicherung im Alltag. Ein Notgroschen, also ein finanzielles Polster für unvorhergesehene Ausgaben, ist keine Option, sondern Pflicht. Die Höhe eines Notgroschens hängt von deinem Lebensstil und deinen Ausgaben ab. Ein Notgroschen kann von einem bis zu sechs oder mehr Netto-Monatsgehälter reichen. Dieser Puffer auf einem Tagesgeldkonto bietet dir:
- Sicherheit bei Jobverlust, Reparaturen oder Krankheit
- Freiheit, bei Krisen nicht verkaufen zu müssen
- Psychologische Stabilität, um langfristig investieren zu können
Erst wenn dieser Puffer steht, solltest Du investieren. Der Notgroschen sollte nicht als Investment gesehen werden, sondern als Sicherheitsnetz, wenn, aus welchem Grund auch immer, der Sozialstaat oder dein Dispokredit nicht einspringen kann.
Kapitel 2: Wer bist du als Anlegerin oder Anleger?
Bevor du dein erstes Investment tätigst, solltest du eine viel grundlegendere Frage als „wo eröffne ich ein Depot?“ beantworten: Was willst du mit deinem Geld überhaupt erreichen? Denn die Wahl der Anlage hängt nicht zuerst von Produkten oder Renditen ab, sondern von dir selbst. Von deinen Zielen, deiner Lebenssituation, deinem Zeithorizont und deiner Risikobereitschaft. Das sind die Parameter, die deine Strategie bestimmen, die Produkte sind nur die Werkzeuge dazu.
Diese ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Anlegepersönlichkeit ist der Kern jeder durchdachten Anlagestrategie und wird leider häufig übersprungen. Dabei ist sie meiner Meinung nach der wichtigste Schritt, um langfristig durchzuhalten. Denn die Geldanlage ist kein Sprint, sondern ein Marathon und je besser du weißt, warum du losläufst, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass du unterwegs umkehrst. Du läufst den Marathon sonst mit verschlossenen Augen und hoffst am Ziel anzukommen. Das endet aber leider eher mit dem Kopf gegen eine Wand.
Deine Ziele – wofür investierst du?
Ziele geben deinem Geld einen Sinn. Sie helfen dir nicht nur beim Start, sondern auch in schwierigen Marktphasen dabei, fokussiert zu bleiben. Ohne ein wirkliches Ziel ist ein Depot oft sehr abstrakt und „unwirklich“. Typische Anlageziele könnten sein:
- Altersvorsorge: Du möchtest für später vorsorgen, unabhängig von gesetzlicher Rente oder Pension.
- Vermögensaufbau für größere Anschaffungen: Zum Beispiel ein Eigenheim, eine Weltreise oder eine berufliche Auszeit.
- Finanzielle Freiheit und Flexibilität: Du willst dir mehr Spielräume schaffen, unabhängiger werden, nicht unbedingt „aussteigen“, aber entscheiden können, was und wieviel du arbeiten möchtest
- Passives Einkommen: Du möchtest regelmäßig Einnahmen generieren, etwa durch Dividenden oder Zinsen um dein aktives Einkommen zu ergänzen.
Tipp: Notiere dir dein konkretes Ziel, am besten inklusive Zeithorizont und benötigter Summe. Ein Ziel, das du greifen kannst, motiviert mehr als ein vager Wunsch nach „mehr Geld“.
Anlagehorizont – wie lange kannst du auf dein Geld verzichten?
Der Zeithorizont ist einer der wichtigsten Faktoren für deine Strategie. Denn je länger du investierst, desto besser können sich Marktschwankungen ausgleichen. Grundsätzlich gilt: mehr Rendite = mehr Risiko = mehr Volatilität (Schwankungen). Wenn du einen kurzen Zeithorizont hast, willst du ja nicht verkaufen, wenn dein Investment gerade bei -40% steht, wenn du das Geld brauchst. Historisch gesehen wurden selbst starke Krisen (Dotcom-Blase, Finanzkrise, Corona-Crash) über die Zeit hinweg wieder überstanden, vorausgesetzt, man hatte Geduld und auch die Zeit.
So kannst du deinen Anlagehorizont einordnen:
Anlagehorizont | Empfehlung |
---|---|
Weniger als 3 Jahre | Keine risikoreichen Anlagen. Hier zählt Kapitalerhalt, also z. B. Tagesgeld oder kurzlaufende sichere Anleihen. |
3 bis 10 Jahre | Moderater Aktienanteil (z. B. 30–60 %). Ziel: wachstumsorientiert, aber mit Puffer. Diversifikation besonders wichtig. |
Mehr als 10 Jahre | Du kannst voll auf langfristige Strategien setzen. Breite Aktien-ETFs, weltweite Streuung, Rebalancing; die Zeit und der Zinseszins arbeiten für dich. |
💡 Merke: Je weiter dein Ziel in der Zukunft liegt, desto mehr Schwankungen kannst du in Kauf nehmen und desto größer dein Renditepotenzial.
Risikobereitschaft – wie viel Schwankung hältst du aus?
Investieren heißt nicht, Risiken zu vermeiden. Sondern: sie zu verstehen und bewusst zu wählen und einzugehen. Wie ich oben schon angedeutet habe, gibt es keine Rendite ohne Risiko. Die entscheidende Frage lautet daher: Wie gehst du mit Verlusten um, emotional, nicht nur rational?
Ein kleiner Selbsttest:
Stell dir vor, dein Depot verliert in kurzer Zeit 30 % an Wert. Was wäre deine erste Reaktion?
- a) Panik. Ich würde alles verkaufen, um Schlimmeres zu verhindern.
- b) Unwohlsein. Ich würde versuchen, Ruhe zu bewahren, aber es würde mich belasten.
- c) Gelassenheit. Ich weiß, dass Märkte schwanken, und bleibe bei meiner Strategie.
Diese Reaktion gibt schon einen ersten Hinweis auf deine Risikotoleranz aus, und darüber, welche Strategie du auch in stürmischen Zeiten durchhalten kannst. Auf dem Papier und in der Theorie klingt das alles immer recht einfach, aber wenn die Zahlen wirklich tiefrot, die Nachrichten sehr schlecht, und die aktuelle wirtschaftliche Lage dem „Horrorszenario“ entspricht, sieht das psychologisch oft ganz anders aus. Einblicke darin gebe ich auch in meiner Investmentreise. Gerade während Crashes verkaufen Leute – viel und unkontrolliert.
Sicherheitsorientiert oder renditehungrig?
Es ist völlig in Ordnung, nicht alles auf eine Karte setzen zu wollen. Manche Menschen brauchen mehr Stabilität, andere können mehr Volatilität akzeptieren. Wichtig ist nur: Sei ehrlich zu dir selbst. Eine zu aggressive Strategie, die du emotional nicht verkraftest, ist langfristig riskanter als eine konservative mit geringerer Rendite.
Ziehe dein Fazit über dich!
Bevor du dich mit ETFs, Sparplänen oder Asset Allocation beschäftigst, solltest du dich mit dir selbst beschäftigen. Deine Ziele, dein Zeithorizont und deine Risikobereitschaft sind das Fundament jeder funktionierenden Anlagestrategie.
Erst wenn du klar beantworten kannst, wofür, wie lange und mit welchem Risiko du investieren willst, macht die Suche nach einem Depot und den passenden Produkten wirklich Sinn.
Kapitel 3: Anlageklassen verstehen – und sinnvoll nutzen
Was du über Geld, Aktien, Immobilien & Co. wirklich wissen musst (um sie in einer Strategie zu positionieren)
Um eine tragfähige Anlagestrategie zu entwickeln, musst du wissen, worin du überhaupt investieren kannst. Verschiedene Anlageklassen verhalten sich unterschiedlich in wirtschaftlichen Zyklen und haben jeweils ihre eigenen Chancen, Risiken und psychologischen Tücken. Ein gutes Portfolio nutzt nicht nur eine Klasse, sondern kombiniert sie im Idealfall strategisch. Ich kann und werde selbstverständlich die verschiedenen Anlageklassen nicht bis ins kleinste Detail analysieren, aber das ist hier auch gar nicht der Anspruch. Du solltest dich, wenn es sich beispielsweise um das Fundament deiner Altersvorsorge handelt, schon so tief mit deiner Strategie beschäftigen, dass du sie für dich zufriedenstellend verstehst. Daher: Hier ein kleiner Überblick über die wichtigsten Anlageklassen und worauf du achten solltest.

Bargeld & Tagesgeld – Liquidität und Sicherheit, aber kein Wachstum
Vorteile:
- Maximale Flexibilität: Du kommst jederzeit ans Geld.
- Null Volatilität: Keine Kursschwankungen.
- Perfekt für deinen Notgroschen.
Nachteile:
- Inflationsverlust: 3 % Inflation bedeutet realen Kaufkraftverlust, also dein Geld wird weniger wert.
- Keine Rendite: Selbst bei guten Tagesgeldzinsen (z. B. 3 %) bleibt nach Inflation oft kaum etwas übrig.
Fazit: Bargeld ist kein Investment, sondern ein Sicherheitsbaustein. Ideal für kurzfristige Rücklagen, aber ungeeignet für Vermögensaufbau.
Anleihen – Stabilität und Struktur im Portfolio
Was sind Anleihen?
Du leihst Staaten oder Unternehmen Geld und erhältst dafür regelmäßige Zinsen (Kupons).
Vorteile:
- Geringere Schwankungen als Aktien.
- Planbare, regelmäßige Erträge.
- Gut geeignet zur Beimischung und Risikosenkung.
Nachteile:
- In Niedrigzinsphasen oft unter der Inflationsrate.
- Lange Laufzeiten = hohes Zinsänderungsrisiko.
- (Unternehmens)Anleihen tragen Ausfallrisiken und können auch 100% an Wert verlieren!
Tipp:
Kurzlaufende Anleihen mit hoher Bonität (z. B. deutsche Staatsanleihen oder hochwertige Unternehmensanleihen) sind für mittelfristige Ziele sinnvoll.
Aktien – Produktive Beteiligung an der Wirtschaft
Was sind Aktien?
Du wirst Miteigentümer eines Unternehmens und profitierst direkt von Gewinnen, Dividenden und Kurssteigerungen. Die Grundlage eines Aktieninvestments ist die Annahme, dass die Produktivität und die Weltwirtschaft, also der Wohlstand der gesamten Welt, weiter steigt.
Vorteile:
- Hohe langfristige Renditen (historisch ca. 6–8 % p.a. real, also nach Inflation).
- Schutz vor Inflation durch Preissetzungsmacht vieler Unternehmen.
- Beteiligung an weltweitem Wachstum.
Nachteile:
- Schwankungsintensiv: in Krisen sind Kursverluste von 30–50 % möglich.
- Emotional herausfordernd: Panikverkäufe sind ein typischer Fehler.
- Erfordert Disziplin und langfristige Perspektive.
Psychologischer Hinweis:
Viele Anleger überschätzen ihre Risikobereitschaft, bis der erste Crash kommt.
Immobilien – Stabil, greifbar, aber nicht immer flexibel
Direktinvestition (Eigentumswohnung, Haus):
- Vorteile: Inflationsschutz, greifbarer Wert, Mieteinnahmen möglich.
- Nachteile: Hoher Kapitaleinsatz, laufende Kosten, laufender Vermietungs- oder Instandhaltungsaufwand, wenig liquide.
Indirekte Immobilienanlagen (z. B. REITs (Real Estate Investment Trusts), offene Immobilienfonds):
- Vorteile: Niedrige Einstiegshürde, hohe Diversifikation, tägliche Verfügbarkeit.
- Nachteile: Korrelation mit Aktienmärkten möglich, regulatorische Risiken.
Tipp:
Immobilien können ein stabilisierender Portfoliobaustein sein, besonders über REITs. Aber: Nicht übergewichten, und laufende Kosten sowie Standortrisiken nicht unterschätzen.
Rohstoffe – Spekulativ, aber manchmal sinnvoll
Beispiele: Öl, Gas, Metalle, Agrarprodukte
Vorteile:
- Schutz bei Rohstoffpreissteigerungen (Inflation, geopolitische Krisen).
- Geringe Korrelation zu Aktien in bestimmten Marktphasen.
Nachteile:
- Keine laufenden Erträge.
- Komplexe Produktstruktur bei ETFs (z. B. durch Futures).
- Problem: Contango & Backwardation, das heißt „Rollverluste“ bei langfristigem Halten.
Besserer Zugang:
Breite Rohstoff-ETFs oder Aktien aus dem Rohstoffsektor bieten mehr Langfrist-Potenzial, ABER: die Handelsstruktur von klassischen Rohstoffe sind für Privatanleger schwer greifbar. Ich hätte zumindest nicht die Möglichkeit 100.000 Liter Öl abzunehmen, wenn das gerade ganz günstig ist.
Gold – Absicherung ohne Wachstum
Vorteile:
- Psychologische Sicherheit in Krisen.
- Langfristiger Werterhalt über Jahrhunderte.
- Nach einem Jahr Haltedauer in Deutschland steuerfrei beim Verkauf.
Nachteile:
- Keine Erträge oder Dividenden.
- Preis stark stimmungsgetrieben.
- Langfristig unterdurchschnittliche Rendite im Vergleich zu Aktien.
Fazit:
Gold ist kein Renditebringer, sondern ein Absicherungsbaustein, ideal für bis zu 5–10 % eines Portfolios. Ich halte bspw. etwa 7.5% meines Portfolios in Gold.
Kryptowährungen – Spekulation mit Potenzial
Vorteile:
- Technologisches Wachstumsthema (z. B. Bitcoin, Ethereum).
- Hohe Renditechancen, bei entsprechendem Risiko.
- Teilweise geringer Zusammenhang zu traditionellen Märkten.
Nachteile:
- Extrem volatil.
- Regulatorisch unsicher.
- Keine inneren Werte oder Cashflows.
Tipp:
Nur für risikobewusste Anleger und meiner ansteh Ansicht nach mit begrenztem Anteil (z. B. 1–5 %) im Gesamtportfolio. Investiere nur, was du auch verlieren kannst.
Nachfolgend in der Tabelle nochmal die einzelnen Anlageklasse in der Übersicht:
Anlageklasse | Chancen | Risiken | Geeignet für |
---|---|---|---|
Aktien | Hohe Renditechancen | Schwankungen, emotionale Hürde | Langfristige Anleger |
Anleihen | Stabilität | Realverlust bei Inflation | Mittelfristige Ziele |
Tagesgeld/Bargeld | Liquidität | Inflationsverlust | Notgroschen |
Gold | Inflationsschutz | Keine laufenden Erträge | Krisenzeiten, Beimischung |
Immobilien | Sachwert, Mieteinnahmen | Illiquid, Aufwand | Hohe Summen, direkt/indirekt |
Kryptowährungen | Wachstumsstory | Extrem volatil | Nur als Beimischung |
Fazit: Die Mischung macht’s, nicht die einzelne Anlageklasse
Eine gute Strategie muss nicht zwingend auf die „eine richtige“ Anlageklasse bauen, sondern kann auch die Kombination der Eigenschaften der Mehrzahl nutzen. Jede Klasse kann eine Rolle im Portfolio haben: Bargeld für Sicherheit, Aktien für Wachstum, Gold für Absicherung, Immobilien für Stabilität, Anleihen für Struktur und planbare Erträge, und Kryptos für Spekulation.
Ein gutes Portfolio berücksichtigt:
- Renditepotenzial
- Volatilität & Risiko
- Liquidität
- Psychologische Tragbarkeit
Und denkt nicht in Schwarz-Weiß, sondern in balancierten Gewichtungen.
Kapitel 4: ETFs – Dein Kompass im Anlagedschungel
Warum ETFs nicht nur für Einsteiger so viel einfacher – und oft besser – sind
Wenn du beginnst, dich mit Investieren zu beschäftigen, stolperst du früher oder später über drei Buchstaben: ETF. Sie stehen für Exchange Traded Fund, und sind für viele der erste echte Kontaktpunkt mit dem Kapitalmarkt. Doch was macht ETFs so sinnvoll für Einsteiger? Und worauf solltest du bei der Auswahl achten?
Was ist ein ETF – und warum lohnt er sich?
ETFs, die für uns als Privatanleger interessant sind, bilden einen festen Börsenindex nach, zum Beispiel den DAX oder den MSCI World. Aktiv gemanagte Fonds lassen wir in diesem Zusammenhang außen vor, denn statistisch gesehen schneiden sie langfristig selten besser ab als ETFs. Ein ETF ist ein börsengehandelter Fonds, der die Wertentwicklung eines Index nachbildet. Klingt kompliziert, ist aber einfach: Statt einzelne Aktien auszuwählen, investierst du mit einem ETF automatisch in Hunderte oder sogar Tausende Unternehmen auf einmal. Das hat entscheidende Vorteile:
✅ Kostengünstig
ETFs, die auf vordefinierte Indizes aufgelegt sind, sind passiv verwaltet. Das heißt: Sie bilden einfach diesen einen Index nach, z. B. den „berühmten“ MSCI World, ohne ein teures Management-Team dahinter. Dadurch liegen die jährlichen Kosten oft unter 0,2 %, während aktive Fonds schnell das Zehnfache und mehr kosten.
✅ Automatisch breit gestreut
Ein einzelner ETF kann dir Zugang zu über 1.500 Unternehmen weltweit geben. Du musst dir also nicht die Frage stellen, ob jetzt Apple, Nestlé oder Siemens besser ist, du investierst in alle gleichzeitig, ohne Vorurteil.
✅ Kein aktives Management nötig
Du musst nicht analysieren, traden oder timen. ETFs laufen ruhig im Hintergrund, und du kannst dich um wichtigere Dinge im Leben kümmern.
✅ Einfach und flexibel
ETFs kannst du bequem per Sparplan besparen, schon ab 25 oder 50 € pro Monat. Und bei Bedarf jederzeit verkaufen. Kein Bürokratieaufwand, keine Mindestlaufzeit.
✅ Langfristig effizient
Langfristig schlagen viele ETFs sogar aktiv gemanagte Fonds, weil sie konsequent investieren, diszipliniert sind und keine unnötigen Kosten produzieren. Das Argument „ja aber mein Manager kann in der Krise verkaufen“ ist zwar korrekt, aber wann weiß dieser, dass das Ende erreicht ist und steigt wieder ein?
Welcher ETF ist der richtige?
Es gibt mittlerweile tausende ETFs, und wer neu ist, fühlt sich schnell überfordert. Die gute Nachricht: Du brauchst nicht viele. Nur die richtigen.
Ein guter Kern-ETF für den Einstieg:
- MSCI World ETF – über 1.500 Unternehmen aus 23 Industrieländern. Sehr breit gestreut, sehr beliebt.
- oder FTSE All-World ETF – sogar noch breiter: ca. 3.500 Unternehmen, inkl. Schwellenländer (EM) und Asien. Ideal als „All-in-One“-Lösung.
Ergänzende ETFs für noch mehr Diversifikation:
- Emerging Markets (EM) – z. B. mit dem MSCI Emerging Markets oder FTSE Emerging.
- Small Cap ETFs – Investition in kleinere Unternehmen mit historisch gesehen höherem Wachstumspotenzial.
- Regionale Schwerpunkte – etwa Asien, Europa oder USA gezielt über/untergewichten.
Nachhaltige Alternativen:
Viele ETFs bieten Varianten nach bestimmten Kriterien:
- ESG = Environment, Social, Governance
- SRI = Socially Responsible Investing
Diese ETFs schließen bestimmte Branchen oder Unternehmen, z. B. Waffen, Tabak oder fossile Energie aus. Gut für alle, die ihr Geld mit gutem Gewissen investieren wollen. Es gibt noch einige andere, kleine Dinge, die beachtet werden sollen. Diese habe ich versucht in meinem Artikel Häufige Fehler bei ETF-Investments (und wie Du sie vermeidest) zusammenzufassen. Eine große Datenbank, welche ETFs du in Europa kaufen kannst, findest du beispielsweise bei extraETF.
Welcher ETF bringt die beste Rendite? – die falsche Frage.
Die bessere Frage lautet: Welcher ETF passt zu deiner Strategie? Denn nicht der ETF bringt die Rendite. Du tust es durch dein Verhalten. Was viele vergessen:
- Nicht der ETF bestimmt den Erfolg.
- Sondern deine Sparrate, deine Disziplin, dein langfristiger Plan.
Das bedeutet:
- Lieber konsequent 100 € pro Monat in einen soliden ETF,
- als ständig zwischen Trendprodukten hin- und herzuspringen.
Fazit: ETFs sind das Fundament – dein System, das Haus
Wenn du gerade beginnst zu investieren, sind ETFs die einfachste und gleichzeitig eine sehr effektive Lösung. Sie nehmen dir viele Entscheidungen ab und geben dir trotzdem Kontrolle. Entscheidend ist nicht, dass du den einen „perfekten ETF“ findest, sondern dass du dranbleibst, sparst und verstehst, warum du es tust. Ein ETF ist wie ein Werkzeug. Wie gut es funktioniert, hängt davon ab, wie du es einsetzt. Lass uns daher versuchen eine Schritt für Schritt Anleitung hin zu deiner eigenen Strategie entwickeln, denn du solltest diesen wichtigen Teil deiner Zukunft selbst in der Hand haben und dich nicht auf Versicherungsverkäufer oder ähnlichem verlassen müssen.
Kapitel 5: Schritt für Schritt zu deiner persönlichen Anlagestrategie
Wie du in sechs Schritten einen Plan entwickelst, den du wirklich durchziehst
Viele Menschen denken bei „Strategie“ an komplizierte Excel-Tabellen, Wirtschaftsstudien oder Börsengurus mit Glaskugel. In Wahrheit bedeutet eine gute Anlagestrategie aber vor allem eines: Klarheit. Struktur. Orientierung. Sie hilft dir, in ruhigen wie stürmischen Zeiten handlungsfähig und gelassen zu bleiben, ganz egal, was die Märkte tun. Die folgenden sechs Schritte bilden das Fundament für deine persönliche Anlagestrategie und auch die Grundlage für dein Investment Policy Statement, also für deinen Anlageplan zum Ziel!
Schritt 1: Ziele definieren und Anlagehorizont bestimmen
Was willst du erreichen? Und in welchem Zeitraum? Beispiele für Anlageziele:
- Altersvorsorge (langfristig, 20–40 Jahre)
- Eigenkapital für Immobilien (mittelfristig, 5–10 Jahre)
- Weltreise oder Sabbatical (kurz- bis mittelfristig, 3–7 Jahre)
- Finanzielle Freiheit oder passives Einkommen
Ordne deinen Zielen einen realistischen Zeitraum zu. Dieser Zeithorizont ist entscheidend für die Wahl der passenden Anlageklasse, denn je länger du Zeit hast, desto mehr Risiko kannst du eingehen. Und Risiko ist im Anlagekontext oft gleichbedeutend mit Renditechance.
Schritt 2: Risiko & Emotionen realistisch einschätzen
Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Dinge. Viele halten sich für risikobereit, bis das Depot plötzlich -25 % zeigt. Deshalb solltest du deine Risikotoleranz ehrlich einschätzen. Fragen zur Selbstreflexion:
- Wie hast du auf vergangene Marktschwankungen reagiert?
- Hättest du in der Corona-Krise 2020 ruhig schlafen können als die Weltwirtschaft am Abgrund stand?
- Wie viel Prozent Verlust würdest du emotional aushalten, ohne zu verkaufen?
Tipp: Notiere dir eine konkrete Verlustgrenze (z. B. „Ich halte bis -30 % durch“) und nutze diese als Referenz. Risikobereitschaft ist nicht nur eine Frage der Zahlen, sondern auch deines Verhaltens.
Schritt 3: Die richtige Asset Allocation festlegen
Jetzt wird es konkret: Du bestimmst, wie du dein Geld auf verschiedene Anlageklassen verteilen willst. Die sogenannte Asset Allocation ist der mit Abstand wichtigste Einflussfaktor auf deine spätere Rendite, wichtiger als die Auswahl einzelner Produkte! Ein klassisches Beispiel für eine Asset Allocation:

- 70 % Aktien-ETFs (risikoreich)
- 20 % Anleihen oder Tagesgeld (risikoarm)
- 5 % Gold (risikoreich)
- 5 % optionale Beimischung (z. B. Kryptowährungen, Rohstoffe, Immobilien) (risikoreich)
Grundsatz: Je höher der Aktienanteil, desto höher die erwartete Rendite, aber auch die Schwankung. Ich habe meine Asset Allocation ebenfalls auf dem Blog festgehalten. Wenn Du dir unsicher bist, wie hoch das Risiko einer potentiellen Mischung von Anlageklassen ist, kannst du das über Tools wie Curvo oder testfol.io simulieren, aber denk dran, die Vergangenheit bestimmt nicht die Zukunft!
Tipp: Für Einsteiger reicht oft ein Zwei-Komponenten-Portfolio: z. B. MSCI World + Tagesgeld, die dann nach Risikoaffinität und Zeithorizont wie im Beispieldiagramm oben balanciert wird.
Schritt 4: Die passenden Produkte auswählen
Die Strategie steht. Jetzt brauchst du konkrete Produkte, die sie abbilden. Im Zentrum steht meist ein oder mehrere breit gestreute ETFs. Beispiele:
- MSCI World ETF – über 1.500 Unternehmen weltweit
- FTSE All-World ETF – inkl. Schwellenländer
- REITs (Real Estate Investment Trusts) – für indirekte Immobilienanlage
- Gold – als Krisenschutz
- Kryptwährungen – für risikobereite, spekulative Beimischung
Entscheidend ist: Weniger ist mehr. Ein Depot mit 3–5 Produkten reicht völlig aus. Komplexität ist nicht gleich Qualität. Eine sehr detaillierte Datenbank findest du bei extraETF.
Schritt 5: Sparrate festlegen und automatisieren
Investieren muss nicht spektakulär sein, sondern vor allem konsequent und mit möglichst niedriger Barriere.
- Wähle eine monatliche Sparrate, die du langfristig durchhalten kannst.
- Starte lieber klein und erhöhe später.
- Richte einen ETF-Sparplan ein – dann läuft alles automatisch.
Regelmäßigkeit ist der entscheidende Hebel. Denn über Jahre hinweg sind es nicht die perfekten Käufe, sondern die vielen kleinen Einzahlungen, die dein Vermögen wachsen lassen.

Schritt 6: Jährlich Rebalancing – ohne Hektik
Märkte bewegen sich. Dein Portfolio auch. Deshalb solltest du einmal im Jahr prüfen, ob deine ursprüngliche Asset Allocation noch passt. Beispiel: Ist dein Aktienanteil von 70 auf 80 % gestiegen, könntest du einen Teil zurück in Anleihen oder Tagesgeld umschichten. Das nennt man Rebalancing.
Warum das wichtig ist?
- Es bewahrt deine ursprüngliche Risikostruktur.
- Es verhindert, dass du emotional überinvestiert bist.
Fazit: Deine Strategie ist dein sicherer Hafen – nicht dein Antrieb
Eine gut durchdachte Anlagestrategie ist wie ein Kompass. Sie zeigt dir die Richtung, auch wenn der Nebel dicht wird, oder der Sturm aufzieht. Du brauchst keine ausgeklügelte Formel, keinen perfekten Plan. Du brauchst einen, der zu dir passt. Denn am Ende zählt nicht, wie klug dein System auf dem Papier aussieht, sondern, ob du es durchziehst. Ob du es verstehst. Und ob es dir hilft, in guten wie in schlechten Börsenphasen ruhig zu bleiben. In diesem Sinne hoffe ich, dass der Artikel dir etwas geholfen hat, zu verstehen, warum ich eine Strategie als das Wichtigste in deinem Vermögensaufbau ansehe, und warum du das auch auf keinen Fall aus deinen eigenen Händen geben solltest.
Was hättest du noch gerne in mehr Detail betrachtet? Schreib’s in die Kommentare unten oder bspw. auf Instagram.
Weiterführend lesen:
- Wie du ein Investment Policy Statement erstellst und deine Strategie festhältst
- Typische Fehler beim ETF-Investieren – und wie du sie vermeidest
- Meine Investmentreise – Teure Fehler und Learnings
- Inflation verstehen und handeln: So schützt du dein Geld
🔎 Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Anlageberatung dar, sondern spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung und Erfahrung wider. Bitte triff finanzielle Entscheidungen immer auf Grundlage eigener Recherchen oder mit individueller Beratung.