Dass du dich eigenständig mit ETFs, Vermögensaufbau und generellem Investieren beschäftigst, ist bereits ein großer Schritt. Viele Bankverkäufer und Versicherungsvermittler bieten Produkte an, die intransparente Strukturen, hohe Gebühren und letztlich oft schlechtere Renditechancen bieten als eine eigenständige, fundierte ETF-Strategie.
Eigenes Wissen aufbauen bedeutet: Verantwortung übernehmen.
Und genau hier wollen wir heute ansetzen: Wie kannst du typische Fehler beim ETF-Investieren vermeiden und deine Geldanlage wirklich auf ein stabiles Fundament stellen?
- Eine Strategie wird oft erst zuletzt überlegt
- Fehlende Diversifikation und der Blick auf vergangene Rendite
- Zu komplexe Produkte wählen
- TER ist wichtig – aber nicht alles
- Zu häufiges Umschichten – Market Timing mit ETFs
- Steuerthemen werden oft unterschätzt
- Psychologie unterschätzen – auch bei ETFs
- ETFs sind Werkzeuge – kein Selbstzweck
- FAQs
Eine Strategie wird oft erst zuletzt überlegt
Viele Anleger starten intuitiv:
Sie laden eine App herunter, eröffnen ein Depot und kaufen erste ETFs, ohne sich vorher grundlegende Gedanken zu machen.
- Was ist mein Ziel?
- Wie hoch ist mein Anlagehorizont?
- Welche Schwankungen halte ich emotional aus?
- und ganz wichtig: wie soll meine Asset Allocation aussehen.
All diese Fragen sollten vor dem ersten Kauf beantwortet werden. Ein schriftliches Investment-Policy-Statement (IPS; hier mein Artikel dazu) hilft enorm, rational zu bleiben, insbesondere in Krisenzeiten, wenn Emotionen stärker werden als Überlegungen. Wie es nicht aussehen sollte, habe ich dir auch in einem Artikel dargelegt: Teures Lehrgeld – Meine Investmenthistorie
👉 Tipp:
Bevor du investierst, formuliere deinen Plan.
Er ist dein Kompass, nicht nur in guten Börsenjahren, sondern gerade in schlechten.
Fehlende Diversifikation und der Blick auf vergangene Rendite
Es ist menschlich, auf vergangene Erfolge zu schauen. Doch die besten Renditen der letzten Jahre sind selten der Schlüssel für die besten Renditen der Zukunft. Beispiele:
- Nach einem Tech-Boom steigen viele blind in Technologie-ETFs ein, ohne zu bedenken, dass Tech-Sektoren besonders volatil sind.
- US-Märkte haben die letzten Jahre outperformt, aber auch sie können (und werden) Phasen unterdurchschnittlicher Entwicklung haben.
Diversifikation bedeutet nicht nur, viele Titel zu halten. Es bedeutet, klug über Regionen, Branchen und Anlagestile zu streuen.
👉 Warum?
Weil Renditen zyklisch verlaufen, und niemand zuverlässig voraussagen kann, welcher Bereich wann gewinnt oder verliert.
Efficient Market Hypothesis lässt grüßen: Alle bekannten Informationen sind im Preis enthalten, Überrenditen sind schwer und selten.
Zu komplexe Produkte wählen
Smart-Beta-Strategien, gehebelte ETFs, Themen-ETFs, insert irgendeinen aktuellen Hype here – die Auswahl an ETFs ist riesig. Das Problem dabei:
Viele dieser Produkte werden gekauft, weil sie „spannend“ oder „neu“ erscheinen, nicht, weil sie wirklich in eine langfristige Strategie passen. Komplexität bedeutet meist auch:
- Höhere Kosten
- Geringere Liquidität
- Größere psychologische Belastung in Krisen
👉 Mein Ansatz: Breite, liquide ETFs auf regel-basierte und etablierte Indizes liefern eine solide Basis. Je einfacher dein Portfolio, desto robuster ist es in der Praxis. Aktiv gemanagte Fonds können zwar zeitweise outperformen, aber über 10, 20 oder 30 Jahre zeigt die Statistik: Die Mehrheit scheitert daran, den Markt zuverlässig zu schlagen.
TER ist wichtig – aber nicht alles
Die Total Expense Ratio (TER) ist ein nützlicher erster Anhaltspunkt für die Kostenquote eines ETFs, also wieviel Du pro Jahr bezahlst, dass der Anbieter den ETF verwaltet. Darin sind Managementkosten, Transaktionskosten innerhalb des Fonds, usw. enthalten. Aber: Eine extrem niedrige TER garantiert nicht die beste Performance. Entscheidend ist die Tracking-Differenz:
- Wie gut bildet der ETF den Zielindex wirklich ab? Also wie groß ist die Abweichung zur Theorie und
- welche versteckten Kosten (Swap-Modelle, Steueroptimierungen) spielen eine Rolle?
Manche ETFs mit niedriger TER liefern trotzdem schlechtere Ergebnisse als ETFs mit etwas höheren Kosten, einfach, weil sie den Index weniger exakt nachbilden.👉 Tipp: Plattformen wie trackingdifferences.com zeigen dir echte Erfahrungswerte.
Zu häufiges Umschichten – Market Timing mit ETFs
Auch ETFs werden heute wie Trading-Produkte missverstanden. Viele Anleger:
- Kaufen bei Euphorie
- Verkaufen bei Panik
- Versuchen, „schwache Phasen zu umgehen“
Problematisch daran:
- Die besten Börsentage liegen oft nahe an den schlimmsten.
- Wer nicht investiert ist, wenn die Märkte drehen, verpasst die wichtigsten Renditesprünge.
Beispiel: Während des Corona-Crashs 2020 gab es innerhalb weniger Monate massive Kurseinbrüche und eine der schnellsten Erholungen der Börsengeschichte. Wer ausgestiegen ist, hat Rendite verschenkt.
👉 Merke:
„Time in the market beats timing the market.“
(= Investiert bleiben schlägt das Herumraten.)
Steuerthemen werden oft unterschätzt
Viele konzentrieren sich auf Bruttorenditen – und vergessen, dass Steuern die Nettorendite massiv beeinflussen können. Wichtige Punkte:
- Thesaurierende ETFs (Wiederanlage der Erträge) vs. ausschüttende ETFs (Dividenden auf dein Konto)
- Quellensteuer bei ausländischen Fonds, besonders aus den USA oder der Schweiz
- Besonderheiten der Vorabpauschale in Deutschland
Gerade bei größeren Summen lohnt es sich, diese Details frühzeitig zu verstehen, bevor unnötige Reibungsverluste entstehen. Grundsätzlich kann man aber festhalten, wenn deine ETFs in Irland, Luxemburg oder Deutschland aufgelegt sind, sind – mit Ausnahme von thesaurierend vs. ausschüttend – diese Themen kaum von Relevanz für dich.
Psychologie unterschätzen – auch bei ETFs
Ein weit verbreiteter Irrglaube: „ETFs sind sicher, weil sie breit streuen.“
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ETFs in Krisenzeiten 30 %, 40 % oder mehr an Wert verlieren können. Sie haben das breite Aktienmarktrisiko. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein breiter Aktienindex wie der MSCI World, wie Wirecard oder andere insolvente Unternehmen, wertlos werden ziemlich genau 0%, aber starke Einbrüche sind nie ausgeschlossen. Diversifikation schützt nicht vor Marktrisiken, sondern nur vor Einzeltitelausfällen.
Crashs wie:
- 1987 (Schwarzer Montag, -35% im S&P 500)
- 2000–2003 (Platzen der Dotcom-Blase, bis zu -75% im Nasdaq)
- 2008 (Finanzkrise, -50% im S&P 500)
- 2020 (Corona-Crash, -34% im S&P 500)
haben gezeigt, wie brutal und schnell selbst breite Indizes einbrechen können. Deshalb: Rationales Durchhalten entscheidet mehr über deinen langfristigen Erfolg als die Wahl des „perfekten“ ETFs. Und als Mutmacher: Retrospektiv war jeder Crash eine einzigartige Chance günstig einzusteigen, wenn man die Möglichkeit über einen monatlichen Sparplan oder ähnlichem hatte.
ETFs sind Werkzeuge – kein Selbstzweck
ETFs können dich finanziell frei und stabiler machen, wenn du sie als Teil eines langfristigen Systems betrachtest. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren:
- Klare Strategie (Investment Policy Statement)
- Breite Diversifikation
- Realistische Erwartungen
- Fokus auf echte Gesamtkosten
- Emotionskontrolle
ETFs sind keine Abkürzung – sie sind ein Baustein für alle, die geduldig, informiert und strategisch investieren.
FAQs
Was sind typische Fehler beim ETF-Investieren?
Viele Anfänger investieren ohne Plan, streuen zu wenig, reagieren emotional in Krisen oder wechseln zu häufig ihre Strategie.
Wie wichtig ist die TER bei einem ETF?
Die TER (Gesamtkostenquote) ist wichtig – aber nicht allein entscheidend. Achte zusätzlich auf die Tracking-Differenz.
Was bedeutet „Diversifikation“ bei ETFs?
Diversifikation heißt: Verteilung über verschiedene Regionen, Branchen und Anlagestile – nicht nur viele Positionen, sondern sinnvolle Streuung.
Sollte ich ausschüttende oder thesaurierende ETFs wählen?
Das hängt von deiner Strategie ab. Ausschüttende ETFs zahlen Dividenden aus, thesaurierende reinvestieren sie automatisch – steuerliche Details beachten!
Wie oft sollte ich mein ETF-Portfolio anpassen?
Ein- bis zweimal pro Jahr reicht meist aus – z. B. durch Rebalancing. Häufiges Umschichten führt oft zu schlechteren Ergebnissen.
Sind ETFs sicher?
ETFs streuen Risiken besser als Einzelaktien, sind aber nicht risikofrei. In Krisen können auch sie stark fallen – Durchhaltevermögen ist entscheidend.
Warum ist die Fondsgröße (Liquidität) wichtig?
Je größer ein Fonds ist, umso liquider kann er an der Börse gehandelt werden. Das heißt, die Differenz zwischen Geld- und Briefkurs (Verkauf- und Kaufpreis) ist niedrig. Du verschenkst also kein Geld beim Kauf. Außerdem sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Fonds schließt, da ein ETF erst ab einer bestimmten Größe bei den niedrigen Gebühren (<0.3% TER) profitabel wird.
📌 Disclaimer
Die Inhalte dieses Beitrags stellen keine Anlageberatung dar. Sie dienen ausschließlich der persönlichen Dokumentation und dem Austausch über finanzielle Themen.
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